Fleisch muss uns mehr wert sein – offener Diskurs statt grüne Belehrung
Die Grünen werden, so viel ist klar, in der kommenden Ampel-Regierung den Landwirtschaftsminister stellen. Der designierte Kandidat Cem Özdemir hat bereits nebulöse Andeutungen dazu gemacht, wie er sich den Fleischkonsum der Zukunft vorstellt. Wer Fleisch essen oder produzieren wolle, könne das tun, aber nur unter Beachtung des Tierwohls sowie des Klima- und Umweltschutzes, verkündete er in Oberlehrerart.
Der moralisierende Ton ist zwar nicht zielführend, aber leider typisch für die Art des Diskurses, den die Grünen favorisieren. Es sollte in der Politik nicht darum gehen, Fleischesser oder -Produzenten als unverantwortliche Menschen darzustellen, sondern vielmehr darum, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass ein guter, neuer Rahmen geschaffen werden kann, der die Anforderungen von Tierwohl, Klima- und Umweltfragen zusammenbringt.
Es ist wichtig, die Dinge klar und deutlich zu benennen, anstatt zu schwurbeln wie Özdemir. Ich unterstütze die Verpflichtung zu einer neuen, nachhaltigen, artgerechten Tierhaltung. Es bedeutet, dass es künftig keine Massenproduktion wie die bestehende mehr geben kann. Denn Tierwohl, das den Namen verdient, beinhaltet, dass die Nutztiere ein wirklich artgerechtes Leben führen können. Einerseits benötigen sie mehr Platz für eine Haltung mit Bewegung auch im Freien sowie natürliche Futtermittel. Andererseits ist mehr Zeit für die Aufzucht erforderlich.
Es sind nur zwei Kriterien, die schon klar machen, dass höheres Tierwohl zwangsläufig zu höheren Produktionskosten und somit letztlich auch zu höheren Fleischpreisen führen wird. Das Gleiche gilt für die Milchpreise. Das zu bestreiten oder zu verschleiern, wäre ein großer Fehler, der nur ablehnende Reaktionen hervorrufen würde. Ein Paradigmenwechsel ist nötig, ein grundsätzliches Umdenken in Fragen einer guten und nachhaltigen Ernährung. Es muss uns wieder mehr wert sein, ein Stück Fleisch zu essen. Ein Menschenrecht auf Billigfleisch gibt es nicht. Man muss nicht gleich Veganer werden, sondern man kann sein Konsumverhalten insofern verändern, weniger, dafür aber besseres Fleisch zu essen.
Dass es viele bereits tun, ist offensichtlich. Die Nachfrage nach Fleischersatz-Produkten ist in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich gestiegen. Gerade in der jüngeren Generation entscheiden sich immer mehr Menschen dafür, kein oder weniger Fleisch zu essen, viele verzichten sogar ganz auf tierische Produkte. Den meisten von ihnen geht es Umfragen zufolge um das Wohl der Tiere und Nachhaltigkeit. Der Wunsch nach Veränderung ist da, um ihn umzusetzen, braucht es kluge Konzepte und keine Oberlehrer-Vorträge. Eine neue, verantwortlichere Art der Fleischproduktion ist nicht von heute auf morgen zu erreichen, sondern nur zusammen mit den Landwirten, in einem generellen Transformationsprozess der Landwirtschaft mit entsprechenden Übergangsfristen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die ohne einen offenen, ehrlichen Diskurs nicht zu bewältigen ist.
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