NEUSTART für unsere Innenstädte – Digitalisierungsschub In Städten und im Handel
Unsere Innenstädte und Ortskerne sind von den Lockdowns in der Corona-Pandemie hart getroffen worden. Der Einzelhandel hat in den vergangenen Monaten so stark gelitten, dass selbst erfolgsverwöhnte Handelsketten wie Douglas oder H&M in diesem Jahr zahlreiche ihrer Filialen schließen werden. Der Strukturwandel im Handel, der viele Ursachen und Gründe hat, war schon vor Corona im vollen Gange, und er ist durch die Krise dramatisch beschleunigt worden. Besonders in kleineren Städten stehen viele Geschäfte bereits leer, die Zentren drohen zu veröden.
Dem muss die Politik entgegenwirken – und wir tun es in NRW. Unser Bundesland ist Vorreiter bei der Stärkung der Innenstädte und Veedel. In der vergangenen Woche sind weitere 29,3 Millionen Euro über das „Sofortprogramm Innenstadt“ als Hilfen bereitgestellt worden. 2020 ist das Programm mit 70 Millionen Euro aufgelegt worden. Die NRW-Landesregierung ermöglicht es mit diesem bundesweit einzigartigen Programm den Städten und Gemeinden, schnell zu handeln und neue Wege zu beschreiten, um die Zentren zu retten und neu zu gestalten.
Fit für das digitale Zeitalter
Denn klar ist: Es geht nicht um einen reinen Wiederaufbau, wir brauchen vielmehr einen Neustart, müssen innovativ sein und unsere Innenstädte neu erfinden, um sie fit für das digitale Zeitalter zu machen, angepasst an die veränderten Ansprüche und Erwartungen der Menschen. Wichtig ist eine Änderung der Landesbauordnung: Mit der sogenannten Innovationsklausel ist es für die Städte nun viel einfacher, die Nutzungen von Gewerbeflächen zu ändern. Es ist der Anspruch unserer Politik in NRW, den Wandel der Städte zu Marktplätzen des 21. Jahrhunderts aktiv zu begleiten.
Um dauerhafte Leerstände und Verödung ganzer Straßenzüge zu vermeiden, ist Flexibilität auf allen Ebenen gefragt. Temporäre Zwischennutzungen leerstehender Geschäftsräume mit kurzfristigen Verträgen sind eine Option: Mietverhältnisse für wechselnde Pop-Up-Stores und Showrooms außerstädtischer Anbieter – zum Beispiel aus dem Bereich der Auto- oder Möbelhäuser sowie Handwerksunternehmen sind genauso denkbar wie Vermietungen an Start-Up-Unternehmen.
Schnelle, unbürokratische Nutzungsänderungen
Wie dargestellt, müssen Nutzungsänderungen schnell und ohne langwierige Bürokratie möglich gemacht werden. So könnten beispielsweise obere Geschosse leerstehender Immobilien in Parkraum, Wohnraum, Seniorenheime oder Logistik-Hubs umgewandelt werden. Online-Handel benötigt innerstädtische Flächen, um auf der letzten Meile die Zustellung zu optimieren, dies hilft dem Verkehr und damit der Umwelt. Der Online-Handel ist dann nicht mehr der Gegner des stationären Handels, beide Formate finden in diesen Flächen-Umnutzungen vielmehr kongenial zusammen.
Zudem sind faire Mieten das Gebot der Stunde. Denn ein Problem vieler Geschäftsleute sind starre Mieten für Ladenlokale, die festgelegt wurden, als der Handel noch boomte, in Zeiten der Umsatzverluste aber nicht angepasst wurden. Hier sollte der Gesetzgeber nicht zu stark eingreifen, aber es macht Sinn, dass die Mieten bei guten Umsätzen steigen und die Mietbelastungen bei geringeren Erlösen passgenau sinken.
Supermärkte als Frenquenzbringer
Bemühen sollten wir uns zudem darum, Supermärkte von den Stadträndern zurück in die Zentren zu holen. Lebensmittel werden immer eingekauft, deshalb sind Supermärkte sichere Frequenzbringer, und davon profitieren auch die anderen Geschäfte. Hier müssen wir, wie unsere Bauministerin Ina Scharrenbach es sinnvollerweise tut, an runden Tischen die regulatorischen Bauvorschriften mit den Lebensmittelhandels-Riesen besprechen. Ziel muss sein: Mehr Frequenzen in die Städte.
Ein weiterer Punkt für die Politik kann sein, für den Neustart den inhabergeführten Handel zwei Jahre von der Gewerbesteuer zu befreien und gegebenenfalls zwei Jahre die Umsatzsteuer zu halbieren. Innenstädte als „Tax Free Zone“ ist ein neuer Ansatz, um die Geschäftsleute zu entlasten. Gleiches gilt für die Ermöglichung von mehr verkaufsoffenen Sonntagen. Hierzu bedarf es dringend einer Grundgesetz-Änderung, um dieselben Spielregeln für stationären wie Online-Handel aufzustellen.
Digitalisierungsschub für die Händler
Klar ist auch: Trotz der vielen Schließungen wird es weiterhin klassische Einzelhandels-Geschäfte geben, wenn auch nicht so zahlreich wie früher. Analoges Shoppen ist auch im digitalen Zeitalter beliebt. Nach dem Ende des Lockdowns ist deutlich zu spüren, wie froh die Menschen sind, wieder in der echten Welt einzukaufen, Waren zu sehen und anzuprobieren – anstatt sie online zu bestellen. Die Händler brauchen einen Digitalisierungsschub, um attraktiv zu bleiben. Ein Trend sind hybride Online-Offline-Formate, denn Events und Veranstaltungen werden immer wichtiger, um Kunden stationär zu begeistern und in allen Kanälen zu binden. Sehr erfolgreich ist unser Projekt der Digital-Coaches in Nordrhein-Westfalen, sie unterstützen die Kaufleute bei der Digitalisierung – und dabei, ihre Angebote modern und online zu präsentieren.
Die Politik muss für all dies die Rahmenbedingungen liefern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist hier die steuerliche Gleichbehandlung der Anbieter: Onlineshops sollten die gleichen Abgaben zahlen wie die stationären Händler, damit Chancengleichheit herrscht.
Innenstädte müssen die Marktplätze unserer Gesellschaft, Begegnungs- und Kommunikationsforen bleiben. Sie sind die Aushängeschilder, die unsere Zentren lebenswert und attraktiv machen. Und das soll und muss auch im digitalen Zeitalter so bleiben.
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