Lockdown-Jo-Jo ist keine Lösung – mit realistischen Konzepten aus der Krise

Fast ein Jahr schon dauert die Corona-Pandemie, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet war von Anfang an eine Stimme der Vernunft in dieser schweren Zeit der Virusbekämpfung; ein Politiker, der sich für pragmatische Konzepte einsetzt – unter Berücksichtigung der Interessen aller Teile der Bevölkerung. Seit Samstag ist Laschet nun unser CDU-Parteivorsitzender und damit gestärkt in seiner Position. Und das ist gut so, denn wir müssen bald neue Lösungen finden. Wir können unser Land nicht dauerhaft mit immer neuen Lockdowns lahmlegen. Der Mittelstand, die Gastronomie, der Einzelhandel, die Event- und Kulturbranche, auch unsere Schüler – alle haben sie schon sehr große Opfer gebracht. 

Perspektiven und Exit-Strategien

So kann es nicht weitergehen, wir brauchen Perspektiven und Exit-Strategien, gerade vor dem Hintergrund, dass in den letzten Tagen die Neuinfektionen und die Inzidenzen bundesweit gesunken sind.

Corona ist vor allem für Ältere und Geschwächte gefährlich. „Von der hohen Sterblichkeit sind im Wesentlichen die Alten betroffen“, sagt der Tübinger Infektiologe Professor Peter Kremsner, der auch die Zulassungsstudie zum Corona Impfstoff der Mainzer Firma CureVac leitet. „Knapp 95 Prozent der Corona-Toten sind über 65 Jahre alt“, rechnet Kremsner vor. „Das wissen wir allerdings schon seit dem Beginn der Pandemie.“ Trotzdem hat sich beim Schutz der Alten- und Pflegeheime bis heute viel zu wenig getan. Ich meine, unser Ziel muss es sein, diesen Menschen den bestmöglichen Schutz anzubieten, das Virus und seine Mutationen einzudämmen, ohne dabei unsere Gesellschaft nachhaltig zu schädigen. 

Mildere und moderne Mittel

Wir leben im 21. Jahrhundert, es kann nicht sein, dass uns als Antwort auf die Pandemie nichts anderes einfällt, als alles zuzusperren. In meinem vorigen Blog habe ich bereits den Einsatz einer verbesserten Corona-App angeregt. Kristina Schröder, ehemalige CDU-Familienministerin, weist darauf hin, dass ein Konzept für flächendeckende Schnelltests als Selbsttests auf dem Tisch liegt. Wir sollten es nutzen, denn wir brauchen mildere Mittel und müssen die Grundrechtseinschränkungen schnellstmöglich wieder zurücknehmen. Denn solche Einschränkungen müssen, wie Schröder betont, „nicht nur einem legitimen Zweck dienen, sondern auch geeignet, erforderlich und angemessen sein“.

Streecks Ansätze sind vernünftig

An Knowhow mangelt es nicht. Es gibt Wissenschaftler wie etwa den Bonner Professor Hendrik Streeck, der seit Monaten vernünftige und pragmatische Ansätze zur Pandemiebekämpfung liefert. So sieht er es zwar als wünschenswert an, die Infektionszahlen zu senken. Allerdings bezweifelt er, wie auch der WHO-Epidemiologe Klaus Stöhr, dass das Erreichen einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner im Winter realistisch sein könne. Neben dem verbesserten Schutz der Risikogruppen regt er repräsentative Stichproben an, um das Infektionsgeschehen besser zu verstehen. Oder auch die Erfassung der Berufe der Infizierten, um möglicherweise gefährdete Gruppen zu erkennen. 

Der Kölner Medizin-Professor Matthias Schrappe ist ebenfalls der Ansicht, dass die angestrebte Inzidenz von 50 im Winter illusorisch sei. Das „ständige Lockdown-Jo-Jo“ bezeichnet er sogar „als völlig wirkungslos“ und schlägt unter anderem differenziertere Präventionsmaßnahmen vor; zum Beispiel reservierte Öffnungszeiten von Supermärkten für Ältere oder geschwächte Menschen sowie Taxischeine, damit sie nicht den ÖPNV nutzen müssen. 

Debatte über die Virus-Mutation

Um eines klar zu sagen: Priorität aller Maßnahmen muss immer der Schutz der Menschen vor dem Virus sein. Aber wir müssen kreativer werden und uns allein von der Vernunft leiten lassen, um die Pandemie zu überwinden. Es bedarf evidenzbasierter Wissenschaft auch bei der Beurteilung der neuen Virus-Mutante B.1.1.7, die wahrscheinlich schon in Deutschland angekommen ist. Es ist möglich, dass diese Variante erheblich ansteckender ist, aber ebenso ist es eben auch wahrscheinlich, dass die Infektionsverläufe mit dieser Mutation tendenziell leichter werden. Professor Alexander Kekulé von der Universität Halle, hält die Debatte über das mutierte Virus für überzogen. „Es wird noch viele Virusvarianten geben. Auch wenn die eine oder andere Mutation besonders ansteckend sein mag – entscheidend ist, dass wir nicht die Priorität aus den Augen verlieren, und die besteht im Schließen der besagten Lücken bei den Schutzmaßnahmen für die vulnerablen Gruppen“. Professor Jonas Schmidt-Chanasit weist auf ein aus meiner Sicht zentrales Problem hin: „Die Motivation der Bevölkerung ist enorm entscheidend für den Erfolg der im Kampf gegen die Pandemie. Es hängt alles an dem Punkt, ob die Bevölkerung zu einem gewissen Teil mitmacht oder eben nicht mitmacht.“

Psychische Schäden durch Mega-Lockdowns

Ich denke, Dauer- oder Mega-Lockdowns lösen darüber hinaus zunehmend erhebliche psychische Schäden bei vielen jungen Menschen und Kindern aus, wie Kinderpsychiater Gottfried Maria Barth vom Uniklinikum Tübingen berichtet, sie bringen besonders viele Nachteile für die sozial Schwächeren mit sich und sind deshalb meines Erachtens in der Abwägung aller Fragen keine politisch kluge Lösung für die nächsten Wochen.

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