Sommer-Interview mit Oliver Kehrl: Krise, Chancen und Gutes für Rodenkirchen und den Kölner Süden
Was lernen wir ökonomisch aus der Corona-Pandemie?
Durch die Pandemie und die mit ihr ausgelöste weltweite Wirtschaftskrise lernen wir einiges: In Deutschland hängen Millionen von Arbeitsplätzen am Export, aber unsere Absatzmärkte schwächeln, ob in den USA oder in Südeuropa. Das legt eine Schwäche des deutschen Modells offen, an dem wir arbeiten sollten. Die Globalisierung ist an vielen Stellen zu anfällig, die Lieferketten sind brüchig, die Versorgung und der Kreislauf leiden darunter. Für mich bedeutet das, dass wir ein Stück weit unsere Volkswirtschaft auf die Stärkung des Binnenkonsums und die europäische Beschaffung ausrichten müssen.
Was hat die Bewältigung der Pandemie mit dem Klimaschutz zu tun?
Der Klimaschutz, der vor der Viruskrise die Menschen bewegte, muss auch in der Zeit danach ein großes Thema bleiben. Es wäre kurzsichtig, die Klimaziele erst dann wieder ins Auge zu fassen, wenn die Wirtschaft wiederbelebt ist. Beides muss gleichzeitig geschehen. Dem Klimawandel sollten wir mit Innovation und technischem Fortschritt entgegentreten. Wir müssen die hiesige Binnenwirtschaft nachhaltiger gestalten, indem wir nicht länger unsere Prozesse auf Billigware, Ein-Euro-Schnitzel oder Ein-Euro-Shirts ausrichten; und indem wir die ökonomischen Abläufe gezielt stärker auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung abstellen. Hierzu bedarf es eines Innovationsschubs, den wir politisch befeuern müssen. Weniger Regulierung, schnellere Genehmigungen, digitale Abläufe in den Behörden und weniger Bürokratie für den Mittelstand und die Start-Ups, die sich auf ihre Ideen und Produkte konzentrieren sollen – anstatt auf sinnlose Statistikpflichten.
Wie wirkt sich die Krise hier in Köln aus? Welche Vorschläge haben Sie?
Ich bin fest davon überzeugt, dass Arten- und Umweltschutz und Digitalisierung zwei Seiten dergleichen Medaille sind. Ebenso gehört der neue Zusammenhalt der Menschen in ihren Vierteln und das Verstehen globaler Zusammenhänge eng zusammen. „Think Global – Act Local“ (Global denken, lokal handeln) ist auch ein politischer Ansatz für mich. Wir wissen aus unseren Gesprächen vor Ort, dass die Menschen große wirtschaftliche Sorgen um ihre Zukunft haben. Gerade hier in einer Messe- und Touristenstadt wie Köln stehen Tausende Existenzen und Jobs auf der Kippe. Ob Tourismus, Veranstaltungen, Gastronomie, Kunst und Musik, Caterer oder Busunternehmen – die Corona-Krise macht vielen Menschen Angst. In dieser Phase bin ich für radikale Sofortmaßnahmen: Diese Branchen benötigen nun zusätzliche und verlängerte Nothilfen, wie sie auch die IHK zu Recht fordert. Die Förderprogramme müssen wir unbürokratischer machen. Wir müssen Steuern und Abgaben zinslos stunden, eine Stadt wie Köln braucht vom Bund Beteiligung an den Gewerbesteuer-Ausfällen und weiterhin Kompensation für die schwerwiegenden Einnahmen-Ausfälle bei der KVB.
Welche Themen sind wichtig für Sie im Stadtbezirk Rodenkirchen?
Ein Beispiel aus dem Stadtbezirk: Der Flugverkehr hat durch die Pandemie stark abgenommen, die Menschen können deshalb zum Teil besser schlafen. Wir bekennen uns als CDU zum Frachtgeschäft am Flughafen, wollen aber erreichen, dass die Logistikkonzerne schneller und leisere Flugzeuge einsetzen. Aber müssen nachts auch noch Passagiermaschinen über die Wohngebiete starten? Da sage ich klar nein.
Rodenkirchen ist ein wachsender Bezirk mit vielen spannenden Neubauquartieren wie Rondorf, Parkstadt Süd, Welle oder den neuen Vierteln in Rodenkirchen. Hier muss in Planung und Umsetzung noch stärker als bislang auf klimagerechte Baustoffe, Installation eines nachhaltigen Mobilitätskonzepts und eines digitalen, dezentralen klimaneutralen Energie-Mixes geachtet werden.
Neue Wohnungen sind gut, aber was ist dann mit dem Verkehr?
Wenn wir hier vor Ort weniger Auto- und Güterverkehr haben wollen, brauchen wir die im Bundestag beschlossene neue Rheinspange. Sie bringt die dringend benötigte Entzerrung und Umlenkung von Fern- und Lastkraftverkehren, so dass der Verkehr hier im Süden spürbar entlastet werden kann. Von zentraler Bedeutung ist für uns zudem die Stadtbahn Bonner Straße, dafür mussten Natur und Anwohner in den vergangenen Jahren einiges in Kauf nehmen. Doch wenn wir wirklich Verkehr auf Bahn und Bus umlenken wollen, brauchen wir leistungsfähige Nahverkehrs-Trassen. Außerdem könnten wir sonst Rondorf und Meschenich nicht ans Stadtbahn-Netz anbinden. Der Schlüssel in einer schnelleren Fertigstellung lag im juristischen Vergleich, den die Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Rechtsstreit mit den Baufirmen am Waidmarkt erreicht hat. Dorthin kommt das wichtige neue Stellwerk, damit die Bahn auch schnell in den Süden gelangt und die Menschen komfortabel auf die Bahn umsteigen können. Höhere Taktungen im Busverkehr für unsere äußeren Veedel fordern wir ebenfalls seit einiger Zeit, aber es scheitert bisher an den zu hohen Kosten bei der KVB. Deshalb müssen wir stärker auf sogenannte On-Demand-Angebote setzen und endlich autonom fahrende Kleinbusse ausprobieren. Diese Technik entwickelt sich, und mit fahrerlosen Gefährten rechnen sich diese Strecken in den Außenbezirken. Ein Beweis, dass technischer Fortschritt dem Klimaschutz hilft.
Was liegt ihnen besonders am Herzen?
Ganz klar die Vereine. Sie sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Die Menschen in den Vereinen mit ihrem ehrenamtlichen Engagement sind die Säulen unserer Veedel, gerade hier im Bezirk Rodenkirchen. Auch deshalb ist es jetzt in der Krise enorm wichtig, diese Vereine auch finanziell zu unterstützen. Ob Sport-, Schützen- oder Karnevalsvereine, wir sind ständig mit ihnen im Gespräch, um vor Ort helfen zu können. Durch das Verbot der Feste sind die Vereine ihrer Einnahmen beraubt, daher müssen wir eventuell in NRW auch noch einmal das Heimatprogramm für Vereine anpassen, damit zielgenauer geholfen werden kann.
Haben Sie für die Kommunalwahl interessante Kandidaten und Ideen für die Wahlkreise?
Erst einmal bin ich superhappy über unsere insgesamt fünf Kandidatinnen und Kandidaten. Monika Ross-Belkner ist die sachkundigste Politikerin hier im Bezirk, ihre Kompetenz in Stadtentwicklung und Verkehr ist unverzichtbar, um Rondorf-Nordwest zu einem Erfolg zu machen. Christoph Schykowski kennt alle Bezirksthemen und Zollstock wie seine Westentasche, er kann es schaffen, den Ratskreis zu ziehen und neuer Bezirksbürgermeister zu werden. Marc Hennemann ist in Bayenthal zu Hause und wird sich für eine moderne, umweltgerechte Parkstadt-Süd einsetzen, besonders für eine Schule an der Alteburger Straße, wo der Sport im Mittelpunkt steht. Constanze Aengenvoort ist unglaublich präzise in der politischen Analyse und wird für Rodenkirchen innovative Ideen vorstellen, sei es zum Bezirksrathaus, dem Verkehr und Tempo beim Schulbau. Die Newcomerin Dr. Janina Jänsch ist promovierte Klimapolitikerin, sie bringt enormen Sachverstand in die Politik vor Ort: Beim Stop für den Ausbau des Godorfer Hafens, der Entwicklung des Sürther Felds oder wie wir die hiesige Chemieindustrie zu mehr und schnelleren Investitionen bringen können oder in der Frage, wie wir den Stadtteil Weiss wieder mit mehr Leben erfüllen können.
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